Widersprüche-Foffteihn
Sonntag.
Ausatmen.
Zur Ruhe kommen.
Der gestrige Abend wirkt noch nach.
Hoch-sympathische Tiefenentspannung hat für mich einen neuen Namen bekommen: Katharina Danisch.
Sie ist das "Model" im neuen Bildband von Andreas Jorns, den die zwei gestern hier in München vorgestellt haben.
Für mich ist schon seit langer Zeit klar: "Lass' mich hören, wie Du sprichst und ich kann erkennen, wie Du bist."
Mag ein wenig hochmütig klingen, aber meine Erfahrungen in dieser Hinsicht sind eindeutig.
Da sitzt eine junge Frau, Mitte zwanzig und spricht über ein Fotoprojekt, das drei Jahre in Anspruch genommen hat.
Sie spricht mit klarer, verständlicher, aber nicht lauter Stimme.
Darf man bei einer Frau den Begriff "sonor" verwenden, um ihre Stimme zu beschreiben?
Weiß ich nicht.
Aber in meinem Empfinden trifft genau das.
Katharina freut sich erkennbar über das und an dem Buch, das entstanden ist.
Es ist die Geschichte einer großen Freundschaft, die in Bildern festgehalten wird.
Andreas der Fotograf, Katharina der Mensch vor der Kamera und Anette die unfassbar aufmerksame und stützende Ehefrau von Andreas.
Die drei wirken auf mich sowas von stimmig, wie ich ihre Interaktion an diesem Abend erlebe.
Katharina und Andreas fallen sich nicht ein einziges Mal ins Wort, während sie ihr Buch präsentieren.
Vielmehr weiß jeder genau, wann der andere etwas sagen möchte.
Und …
nein.
Das ist nicht einstudiert.
Das ist das reine "Verstehen"!
Anette sitzt im Publikum und hat alles im Blick.
Kommt eine Frage oder eine Bitte von Andreas, dann ist ihre Reaktion sinngemäß "… ist schon geklärt. "
Grandios, in genau diesem Moment die liebevollen Blicke der beiden "Rampensauen" zu sehen.
Trifft mich mitten ins Herz.
Eine Freundschaft, die in ganz wundervollen Fotos für die Nachwelt festgehalten ist.
Eine Freundschaft, die in jeder Minute der Präsentation spürbar ist.
Eine Freundschaft, die ich jedem Menschen von ganzem Herzen wünsche und gönne.
Habe heute Vormittag noch lange über den gestrigen Abend gefoffteihnt.
Hatte ja nix weiter zu tun und es war mir wichtig, den Abend noch einmal Revue passieren zu lassen.
Irgendwann um die Mittagszeit kommt der Wunsch in mir hoch, die Rolleicord zu schnappen den letzten Film zu belichten, der noch im Kühlschrank liegt.
Memo an mich: Dringend Nachschub kaufen.
Also ab ins Auto, ab in die Innenstadt.
Es schüttet wie aus Kübeln.
"Draußen" fällt also flach.
Plan B wäre dann mal der Hauptbahnhof.
Da fahre ich hin, weil ich das ohnehin mal probieren wollte.
Zwölf Bilder, zwölf Momente in der Hektik eines Bahnhofs.
Wieder erlebe ich, dass die Rolleicord zweierlei Wirkung haben kann:
Erstens:
Überhaupt keine.
Ich werde nicht als fotografierender Mensch wahrgenommen.
Das gibt mir die Möglichkeit, "Streetphotography" in einer Abgeschiedenheit zu praktizieren, die schon reichlich skurril ist.
Zweitens:
Ich werde auf die Kamera angesprochen.
"Das ist eine Rollei, oder?"
"Ja, genau. Eine Rolleicord. "
"Wusst' ich's doch! Ich habe eine Yashica Mat 124, die sieht aber von der Seite etwas anders aus!"
Schwupps .…fünf Minuten mit einem wildfremden Reisenden verratscht.
"Hey, how old is that fucking camera?"
"about 65 years"
"Man, that's older than my parents are! Does it still work?"
"What do you think? Do you really expect me to walk around here with a camera that doesn't work?"
"Good point, man, good point!"
Geil, sowas zu erleben!
Dann die Heimfahrt. Der Film ist voll, nun will ich heim und ihn entwickeln.
Demo in der Innenstadt.
Hatte am Rande davon gehört, es aber nicht in meine Tagesplanung einbezogen.
Stehe also auf der Bayerstraße und schaue mir die Demo an.
"Gemeinsam gegen die Politik der Angst" steht auf dem Frontplakat des Zuges.
Sekunden, nachdem ich das heutige Foffteihn-Foto aufgenommen habe, zerplatzt eine leere Bierflasche knapp neben dem Auto vor mir.
Keine "Politik der Angst" fordern, aber gewalttätig Bierflaschen durch die Gegend schmeißen?
Liebe Demonstranten .…
Ich bin ein glühender Vertreter der Ansicht, dass jeder Mensch in unserem Land seine Meinung sagen darf. Sagen, herausschreien, über Youtube verbreiten, wie auch immer.
DAS ist wirklich wichtig.
Ihr solltet aber auch darauf achten, dass Eure Meinungsäußerung glaubwürdig und stimmig bleibt.
Eine geschmissene Bierflasche passt da nicht.
Überhaupt nicht!
Nehmt Euch ein Beispiel an Andreas und Katharina. Die kriegen das hin, klar und deutlich zu sprechen.
Gewaltfrei.
Wertschätzend.
Ehrlich.
Glaubhaft.
Ihr Demo-Lemminge schafft das nicht?
Schade.
Chance vertan, würde ich sagen.
Was hat es mit Foffteihn auf sich?
Hier erkläre ich es Dir.
Herzlich willkommen bei Foffteihn!
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