Wann wird Präzision zur Erbsenzählerei?

Manches Mal frage ich mich, wie sehr uns die digitale Foto-Entwicklung oder auch -Bearbeitung in unserer Wahrnehmung verändert.

 

Pixelgenaue Bearbeitung ist für einige Foto-Bekannte, mit denen ich häufiger zu tun habe, augenscheinlich der Heilige Gral, den es zu erreichen gilt.

 

 


Gerade heute hatte ich ein solches Erlebnis, bei dem ich verhalten in mich hinein schmunzeln musste.
Es ging um das oben gezeigte Foto, das ich kürzlich am Ammersee aufgenommen habe.
Mir kam es bei der Aufnahme darauf an, mithilfe des Geländers und der Planken des Stegs eine Tiefe im Bild zu erreichen, die auf das Bootshaus hin führt und dem Betrachter weiterhin die Gelegenheit gibt, sich bis ans andere Ufer "weiter zu träumen".

In meinem Empfinden ist die Idee umgesetzt, ich bin zumindest mit dem Bild zufrieden.

In einer Facebook-Gruppe, in der ich recht aktiv bin, habe ich das Bild verwendet um den Gestaltungsgrundsatz der "Führenden Linien" zu veranschaulichen

In der nun folgenden Diskussion wurde angemerkt, dass ja das hintere See-Ufer schief sei. Der Horizont müsse immer gerade ausgerichtet werden.
Gut, im Allgemeinen stimme ich dieser Auffassung weitgehend zu. Nur ging es mir bei diesem Bild viel mehr um die Wirkung des Bootshauses als um eine gerade Uferlinie. Beides zusammen geht nun mal nicht.

 

Mein diesbezüglicher Einwurf, das Haus sei ja gerade wurde mit dem Kommentar quittiert, auch das Haus sei eben nicht gerade, denn es sei um 0,7° schief.

Ja ...

das mag sein. Ich habe nicht nachgemessen. Und schon gar nicht werde ich im Zehntel-Grad-Bereich nachmessen.
Ich fotografiere.
Ich fertige keine Konstruktionszeichnungen für Herz-Lungen-Maschinen an, bei denen 0,7° Abweichung durchaus über Leben und Tod entscheiden können.

Diese Gefahr ist bei meinen Fotos doch eher gering.

Selbstverständlich achte ich bei meinen Fotos darauf, dass grundlegende Gestaltungselemente eingehalten werden. Extrem schief ausgerichtete Fotos vermeide ich schon bei der Aufnahme oder ich korrigiere dies später am Computer.

 

Aber ... mal ehrlich ...

 

0,7° Abweichung?

Nein. Da sehe ich die Grenze zwischen genauem Arbeiten und Erbsenzählerei deutlich überschritten.

Kommentar schreiben

Kommentare: 0